Bahá'í-Mystik
Die Bahá'í-Religion proklamierte in den letzten paar Jahrzehnten vor allem ihre weltlichen Inhalte, wie Einheit der Menschheit etc. sehr stark. Erst seit kurzen entdecken auch einige Bahá'í die mystische Seite ihrer Religion immer mehr. Die Bahá'í-Religion enthält an sich sehr viele mystische Elemente. Es gibt von Bahá'u'lláh und vom Bab eine Reihe von mystischen Schriften. Bahá'u'lláh hat vor allem in der Zeit seiner Zurückgezogenheit in den Bergen Kurdistans, als er auch viel mit Sufis zusammenkam eine Reihe mystischer Schriften verfaßt, die allerdings zum Teil verloren gegangen sind. Die erhalten gebliebenen Schriften sind allerdings auch noch nicht übersetzt. Zwei sehr bekannte und auch ins deutsche Übersetzte mystische Werke, die kurze Zeit nach der Zurückgezogenheit Bahá'u'lláhs in Kurdistan entstanden sind, sind die Sieben Täler und die Verborgenen Worte.
Die Sieben Täler
Die Sieben Täler sind auf die Fragen eines Sufi an Bahá'u'lláh bezüglich des Werkes "Vogelgespräche" von Attar entstanden. Attar beschrieb die Reise eines mystischen Suchers nach Gott durch Sieben Täler. Bahá'u'lláh verwendet ein ganz ähnliches Schema, ebenfalls mit Sieben Tälern, die er aber ein wenig anders benennt als wie Attar.
Ein Auszug aus den Sieben Tälern zeigt die Anknüpfung dieser Schriften Bahá'u'lláhs an die Symbolik und Gedankenwelt des Sufismus:
Es wird erzählt, wie ein Liebender Mann durch lange Jahre hindurch unter den Qualen der Trennung von der Geliebten gelitten hatte und vom Feuer des Fernseins verzehrt ward. Durch die Gewalt der Liebe wurde sein Herz der Geduld bar und sein Körper des Lebens müde. Leben ohne sie schien ihm Blendwerk, und die Zeit begann, ihn zu verzehren. Wie viele Tage verbrachte er ruhelos in Sehnsucht nach ihr, und in wie vielen Nächten floh ihn der Schlaf in seinem Schmerz nach ihr. So wurde sein Körper zum Seufzer, und die Wundheit seines Herzens machte ihn zum Wehlaut. Vergebens hätte er tausend Leben verschenkt, um nur einen Tropfen vom Wein ihrer Gegenwart zu kosten; aber es gelang ihm nicht. Kein Arzt vermochte ihn zu heilen, und seine Nähe wurde von den Freunden gemieden. Ärzte kennen kein Mittel, um Liebe zu heilen, nur die Hand der Geliebten vermag ihm zu helfen.
Schließlich trieb der Baum seiner Sehnsucht die Frucht der Verzweiflung, und das Feuer seiner Hoffnung erstarb in der Asche, so daß er eines Abends lebensmüde sein Haus verließ und die Straße hinauszog. Plötzlich gewahrte er, wie ihn eine Nachtwache verfolgte. Er versuchte zu fliehen, doch die Wache eilte ihm nach, und es wurden ihrer viele, so daß ihm am Ende jeder Ausweg verstellt war. Gehetzt schrie er auf, lief ohne Ziel hin und her und stöhnte: "Gewiß ist diese Wache 'Izrá'il, mein Engel des Todes, daß sie sich so eilt, mich zu packen, oder es ist ein Menschenschinder, der nach mir greift."
So kam dieser weidwunde Liebende mit Füßen, die liefen, und einem Herzen, das ächzte, bis an die Mauer eines Gartens, die er mit größter Mühe erklomm. Aber oben angelangt, erkannte er ihre schwindelnde Höhe und stürzte sich, sein Leben nicht achtend, hinab in den Garten.
Doch siehe, welch ein Anblick! Dort war seine Geliebte, eine Lampe in der Hand, einen Ring suchend, den sie verloren hatte. Und als er, der sein Herz verloren, sie, die es ihm geraubt hatte, ansah, entrang sich ihm ein Seufzer der Erlösung, und er rief, die Hände zum Himmel erhoben: "O Gott, gib der Wache Ruhm, Reichtum und langes Leben, denn sicher war sie der Engel Gabriel, der mich geführt hat, oder Isráfil, der Engel des Lebens, der mich, den Gequälten, erquickte."1
Die Liebe zwischen Mann und Frau wird auch hier als Symbol der Liebe zwischen Mensch und Gott verwendet. Der Liebende muß erst eine Mauer ersteigen. Oben merkt er wie hoch sie ist, aber er ist schon so weit das er sein Leben nicht mehr achtet. Die Liebe oder genauer der Schmerz des Fernseins von Gott hat ihn so weit gebracht das er seiner Selbst nicht mehr achtet, er ist bereit sein "Selbst" zu opfern. Gemeint ist hier natürlich das niedere "Ich". In dem Moment wo er sich von der Mauer stürzt, findet er sich in einem Garten wieder. Dort findet er seine Geliebte. Sie trägt einen Ring, das Symbol der Treue und hält eine Lampe, das Licht der Offenbarung. Hier fügt Bahá'u'lláh dem altbekannten Motiv des ummauerten Gartens ein neues Element hinzu. Die Bahá'í-Lehre der fortschreitenden Gottesoffenbarung sagt im Prinzip aus, daß man dadurch Gott die "Treue" hält, das man den jeweils nächsten Offenbarer, der in jeder Religion verheißen ist anerkennt. Das Licht ist ein Symbol für die Offenbarung, damit die Lampe eben auch für den Offenbarer. Die Begegnung mit Gott findet statt durch die Begegnung mit dem Offenbarer. Der Ring wird gesucht. Er geht im Prinzip durch die Treulosigkeit der Menschen immer wieder verloren.
Die Verborgenen Worte
Die Verborgenen Worte sind eine Sammlung kurzer Verse mit mystischen Weisheiten die zur Hälfte in arabisch und zur anderen Hälfte in persisch verfaßt sind. Angeblich sollen es die gleichen Verse sein, die Fatimeh, der Tochter Mohammeds, beim Tod ihres Vaters zum Trost offenbart worden seien und die nach islamischer Überlieferung seitdem "verborgen" seien.
Bahá'u'lláh leitet die verborgenen Worte selbst mit folgenden Worten ein:
Dies ist aus dem Reiche der Herrlichkeit herabgekommen durch die Zunge der Kraft und Macht und ward einstens offenbart den Propheten. Als Zeichen der Gnade für die Gerechten haben Wir daraus den Wesenskern entnommen und in das Gewand der Kürze gekleidet, damit sie dem Bunde Gottes die Treue halten, Gottes Pfand durch ihr Leben einlösen und im Reiche des Geistes den Edelstein göttlicher Tugend erlangen.2
Unter Gottesbild findet man Informationen zum Gottesverständnis der Bahá'í-Religion. Unter Gebote findet man Aussagen und Gebote der Bahá'í-Religion die vor allem für den Bereich der Mystik interessant sind und unter Geschichte findet sich noch eine kleine Geschichte eines Bahá'í-Autors.